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Mut ist für eine erfolgreiche Karriere wichtiger als Selbstvertrauen

von Iris Maaß

Mut schlägt Selbstvertrauen und ist damit der wichtigste Faktor für den Karriereerfolg

Der mutigen gehört die welt

Seit 2006, dem Jahr in dem ich meine Ausbildung zur systemischen Beraterin abschloss, arbeite ich mit Menschen, die ihre berufliche Laufbahn verändern wollten. Einige wollten in eine erfüllendere Arbeit wechseln. Andere wollten in ihrer derzeitigen Branche aufsteigen. Wieder andere wollten Unterstützung bei der Gründung eines eigenen Unternehmens oder einer Selbstständigkeit.

 

 

Vor allem meine Klientinnen fand ich oft toll. Sie waren talentiert, engagiert und voller guter Ideen und Wertvorstellungen. Wenn ich eine große Firma hätte, wären das die Art von Mitarbeiterinnen, die ich einstellen würde. Am merkwürdigsten war aber, dass diese Frauen oft ihre eigenen Fähigkeiten gar nicht so sahen wie ich. Sie sahen sich nicht als bereit für den nächsten beruflichen Schritt oder als müssten sie einen Platz an den wichtigsten Tischen in ihren Unternehmen einnehmen.

 

Selbstvertrauen ist eine Utopie und keine Lösung

Inzwischen gibt es eine viele Bücher und Kurse zum Thema Selbstzweifel von Frauen. Die meisten weisen auf das beunruhigende Muster hin, dass Frauen sich selbst unterschätzen, und fordern die Frauen dann auf, selbstbewusster zu werden.

 

Nach mehreren Jahren, in denen ich sowohl mit anderen Frauen daran gearbeitet habe, ihre Wunschkarriere zu erreichen, als auch selbst mit der Stärkung meines Selbstbewusstseins viel gerungen habe, bin ich der Meinung, dass dies der völlig falsche Ansatz ist. Über eine der wichtigsten Wahrheiten über Frauen und Selbstvertrauen sprechen wir immer noch nicht.

 

Selbstzweifel sind tatsächlich Teil des Problems. Sie halten viele talentierte Frauen - und auch talentierte Männer zurück. Aber Selbstvertrauen ist nicht die Lösung. Die Lösung besteht vielmehr darin, ein neues Verhältnis zu den eigenen Selbstzweifeln zu finden.

Jodie Foster hat in einem Zeitschrifteninterview mit der Zeitschrift 60-Minutes gesagt, dass Sie glaubte, ihren Oscar für einen Zufall zu halten und das man ihn ihr wieder weg nimmt. Kate Winslet berichtet, dass sie über weite Strecken Ihrer Karriere unter Selbstzweifeln litt und selbst von Michelle Obama habe ich gelesen, dass Sie angab, sich zeitweilig wie eine Hochstaplerin vorzukommen und glaubte, jederzeit würde ihr Unvermögen für alle offenbar. Kaum zu fassen.

 

 

Die Psychologinnen Pauline Rose Clance und Suzanne Imes entwickelten das Konzept des "Impostor-Synroms" 1978 in einer Studie, in der sie leistungsstarke Frauen untersuchten. Sie fanden heraus, dass Frauen, trotz herausragender akademischer und beruflicher Leistungen oft in dem Glauben verharren, dass sie in Wirklichkeit nicht klug sind und jeden getäuscht haben, der etwas anderes denkt.

Erfolg bedeutet nicht Selbstzweifel zu überwinden, sondern mit Ihnen mutig weiterzumachen

Was hat aber Frauen wie Jodie Foster, Michelle Obama und zahllose andere trotzdem dazu befähigt, ihre Unsicherheiten zu überwinden, in Führung zu gehen und nach ihren Vorstellungen zu gestalten? Es ist nicht das Selbstvertrauen, das diese Frauen zum Erfolg führt, sondern die Art und Weise, wie sie mit ihren Selbstzweifeln umgehen.

 

 

Viele Frauen haben diese wichtige Unterscheidung zwischen "Selbstzweifel haben" und nicht auf sie zu hören noch nicht begriffen. Sie glauben, dass sie im Beruf und im Leben erfolgreicher wären, wenn sie nur mehr Selbstvertrauen hätten. Ein größeres Selbstvertrauen gehört nach der Auffassung vieler meiner Gesprächspartnerinnen zu dem wichtigsten Faktor, um beruflich erfolgreich zu sein. Wichtiger als ein besseres Umfeld, als eine zusätzliche Qualifikation, sogar wichtiger als einen Mentor zu haben. Mit anderen Worten: Die meisten von uns gehen davon aus, dass Selbstvertrauen ein entscheidendes Element für unseren beruflichen Erfolg ist.

 

Du brauchst nicht mehr Selbstvertrauen als Du momentan hast

Aber wenn wir glauben, dass wir mehr Selbstvertrauen brauchen, um erfolgreich zu sein oder unsere Ziele zu verfolgen, stehen wir vor einer eigentlich unmöglichen Aufgabe. Nämlich der Aufgabe, selbstbewusster zu werden. Wir schieben wichtige Karriereschritte und Risiken auf, während wir auf das warten, was wir als notwendiges Selbstvertrauen empfinden.

 

 

Wie wäre es stattdessen einzusehen, dass Menschen, die ihre Traumkarriere machen, eben mit ständigen Selbstzweifeln zu kämpfen haben. Wie wäre es zu glauben, dass man nicht mehr Selbstvertrauen braucht, als man im Moment hat? Wenn wir akzeptieren, dass unser ideales Bild von einer Person ohne Selbstzweifel sich niemals realisiert, dann können wir als unser bestes, unvollkommenes und zweifelndes Selbst in Richtung unserer Ziele schon heute losmarschieren.

 

Mut kann frau kultivieren und trainieren wie einen Muskel

Selbstzweifel gütig akzeptieren lernen

 

Es geht nicht darum, der inneren Zweifel-Stimme zu widersprechen oder sich über sie zu ärgern. Das bringt nichts. Vielmehr muss jede von uns die Stimme des Selbstzweifels erkennen, und diese Stimme als von sich selbst verschieden identifizieren.

Selbstzweifel ist wie ein ständiger innerer Bewusstseinsstrom, der nie aufhört uns mit den Zweifeln zu attackieren. Wir haben uns an diese Stimme gewöhnt und halten Sie für unser authentisches Selbst. Wir müssen wieder lernen, sie wahrzunehmen und zu identifizieren. Durch dieses einfache Erkennen werden wir zum Beobachter dieser Stimme, und wir haben dann die Wahl, wie wir auf sie reagieren.

 

 

Nachdem Du sie erkannt hast, kannst Du die Stimme des Selbstzweifels richtig einzuordnen. Es ist unsere Angst vor dem Scheitern, vor der Blamage, die sich bemerkbar macht, um uns dazu zubringen nur ja nicht das umzusetzen, was wir uns vorgenommen haben, weil es uns eben aus der Komfortzone in etwas Neues und Unbekanntes holt. Unser Sicherheitsinstinkt ist sehr gut daran, sich immer neue Maskeraden des Widerstands auszudenken.

Selbstzweifel werden am lautesten, wenn es wirklich um etwas geht

Wir neigen dazu, die Selbstzweifel am lautesten zu hören, wenn wir wichtige Schritte nach vorne machen oder unsere tiefsten Bestrebungen verfolgen. Der innere Widerstand ist wie ein Wächter am Rande zum Neuland. Wenn wir in der Komfortzone bleiben, ist alles in Ordnung. Wenn wir uns dem Rand nähern, wacht der Widerstand auf und lügt uns das Blaue vom Himmel, damit wir umkehren.

 

 

Auch wenn ein Teil von Dir denkst, dass diese Selbstzweifel doch wahr sein müssen, kannst Du Dir antrainieren, sie als diesen Widerstand zu identifizieren und zu durchleuchten, dass es wahrscheinlich nicht die Wahrheit ist. Du kannst Dich beim Widerstand bedanken, sicherstellen, dass Du von Deiner Warte aus die angemessene Vorbereitung gemacht hast und dann schickst Du die Stimme des Selbstzweifel auf einen Kurzurlaub und wagst Deinen Schritt trotzdem. Das zu trainieren fällt mit der Zeit immer leichter. So machen es auch die prominenten Frauen, von denen wir erfahren haben, dass sie auch unter Selbstzweifeln litten. 

 

Vielleicht gelingt es uns eines Tages sogar, über die auftauchenden Selbstzweifel zu freuen. Sie sind ja geradezu ein Indikator, dass wir an was richtig Gutem dran sind.

In der Schwäche liegt die Macht andere nach eigenen Bedürfnissen zu manipulieren

 

Interessanterweise ist die Eule - so zerbrechlich, bedürftig und unsicher - nicht unbedingt so schwach, wie sie zu sein scheint. Im Gegenteil, die Eule hat die Oberhand. Sie ist ein wenig manipulativ. Die Eule will nur nicht die Verantwortung für sich selbst übernehmen und vor der eigenen Haustüre kehren. Das ist eine privilegierte Einstellung. Wenn die Eule es sich nicht leisten könnte, schwach zu sein - wenn sie die Robbe nicht hätte - würde sie sich natürlich ihren eigenen Herausforderungen stellen.

Mut geht voran auch wenn die Überzeugung schwächelt

Mehr Mut ist in diesem Sinne das, was wir für unseren beruflichen Erfolg wirklich benötigen. Selbstbewußtsein gründet darin, dass wir an unsere Fähigkeiten und an uns selbst glauben. Mut bedeutet, vorwärts zu gehen, auch wenn wir diesen Glauben gerade nicht so spüren.

 

 

Es ist an der Zeit, dass wir dem Mut mehr Aufmerksamkeit schenken. Es ist mutig zu handeln, auch wenn wir nicht sicher sind, dass wir eine Aufgabe gut erledigen können. Die Frauen von heute betreten Neuland, ohne viele Vorbilder und mit einem mächtigen Erbe aus Jahrhunderten des Ausschlusses von Frauen aus dem Berufsleben. Das Selbstvertrauen wird uns wahrscheinlich nicht immer begleiten, wenn wir neue Wege beschreiten. Aber wir brauchen kein Selbstvertrauen, um das zu tun, was wir in unserer Karriere unbedingt tun wollen. Wir müssen lernen, inmitten von Selbstzweifeln aktiv zu werden, und damit kann jede von uns heute beginnen.

6 Strategien für mehr Mut

Mut kann auf verschiedene Weise kultiviert werden, hier sind einige Vorschläge:

  1. Gehe bewusst in das Gefühl von Mut, wenn eine herausfordernde Situation ansteht. Statt Dich auf den stetigen inneren Wasserfall aus Selbstzweifel zu konzentrieren, kannst Du Dich an eine gemeisterte Situation aus Deinem Leben erinnern oder Dir ein Vorbild aus Deinem Umfeld nehmen und Dich für ein Gefühl des Mutes entscheiden. Helfen kann dabei auch, wenn Du Dir das Positive in allen Farben ausmalst, das Du mit Deiner Aktion erreichen möchtest.
  2. Um Mut zu trainieren ist es wichtig, dass Du Dich immer wieder herausfordernden Situationen aussetzt und Deine Komfortzone verlässt. Beginne mit kleinen Schritten und arbeite Dich langsam zu größeren Herausforderungen vor. Versuche, Dinge auzuprobieren, die Du normalerweise so nicht tun würdest. Entscheide Dich dabei für einen Schritt der angemessen ungewöhnlich ist. Er sollte einen gewissen Mut erfordern, aber machbar erscheinen.  So wie eine Dachschindel unter einer anderen Dachschindel verankert ist, aber dann in das Neuland hineinragt, sollte ein angemessen ungewöhnlicher Schritt noch im Rahmen des bekannten fußen, Dich aber dann in Neuland tragen.
  3. Es gibt Möglichkeiten, den inneren Wächter zu überlisten und Dir möglichst kleine Schritte auszudenken, die Du in Angriff nehmen wirst. Diese Schritte sollten kontinuierlich und sehr klein sein, damit die Selbstzweifel nicht überhandnehmen. Probiere, ob Du mit dieser Strategie gut vorankommst. Kombinieren Sie mir anderen Methoden für mehr Mut.
  4. Suche den Austausch und die Gesellschaft von Frauen, die mutig sind und von denen Du lernen kannst. In unseren Podcast haben wir viele Frauen, die ehrlich und authentisch über ihre Lebenswege berichten und die Dir Mut machen können.
  5. Wenn Du mutig gewesen bist, erkenne das an und feiere Deinen Erfolg. Am besten mit anderen Frauen. Dann kannst Du gleich etwas vom Mut als gutes Beispiel zurückgeben.
  6.  Achtsamkeitsübungen, wie Meditation oder Yoga, können helfen, Dich bei großen Selbstzweifeln zu stabilisieren und einen klaren Kopf zu behalten. Mehr innerer Frieden kann zu mehr Stärke im Alltag und zu mehr Mut für neue Wege führen.

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